Burg Berwartstein

In jeder Ausgabe unserer „Marktschrift“ möchten wir Euch eine Burg aus unserer Region näher bringen. Manche von Euch werden die vorgestellte Burg schon kennen und doch etwas neues über deren Geschichte erfahren, andere wiederum kommen durch den Artikel erst auf den Geschmack dieses Stück Geschichte sich näher zu betrachten. Deshalb beginnen wir heute mit einer der imposantesten Burgen der Pfalz:

Burg Berwartstein

Im Wasgau in der Südpfalz steht die heute noch (oder besser wieder) ansehnliche Burg Berwartstein auf einem hohen rot gefärbten Felsen. Dieser große Felsen war früher nur durch einen engen Kamin zu ersteigen, bot also die Möglichkeit der Verteidigung durch einen einzigen Mann und war praktisch unbezwingbar.

Es ist anzunehmen, dass dieser so ungemein sichere Platz schon vor sehr langer Zeit Zuflucht und Schutz geboten hat. Die erste noch vorhandene schriftliche Erwähnung stammt zwar erst vom Jahr 1150, doch der am Fuß der Burg gelegenen Ort Erlenbach wird schon um 740 erwähnt.

Die Besiedlung dieser Landschaft erfolgte bereits in früher fränkischer Zeit, im 6. Jahrhundert. Spätestens in dieser Zeit, wenn nicht schon viel früher, dürfte der Burgfelsen entdeckt worden sein, und sicherlich hat man ihn bald auszuhauen begonnen. Das war eine mühevolle uns sehr langwierige Arbeit, denn wahrscheinlich lagen damals alle Teile der Burg im Felsen, wurden aus dem kompakten Fels herausgemeißelt. Sie war also, zumindest im Anfangsstadium, das sicherlich mehrere Jahrhunderte gedauert hat, eine reine Höhlenburg.

Von außen war sie kaum zu erkennen, schwer zu finden und ohne Einverständnis der Bewohner unmöglich zu betreten. Mit zunehmender Besiedlung der Umgebung war das „Verstecken“ der Burg sinnlos geworden; man konnte sie also ruhig durch zusätzliche Aufbauten erweitern. Doch die Höhlenburg blieb weiterhin das Zentrum und noch heute beeindrucken die aus dem Fels gemeißelten Wände vieler Räume. Wesentlicher Teil der Verteidigungskraft war eine immer zur Verfügung stehende Wassermenge. Man mußte also einen Brunnenschacht durch den Felsen treiben, der erst nach 104 Metern die Talsohle und damit eine sichere Wasserversorgung erreichte. Heute kann man sich nur schwer vorstellen, wie diese Arbeit mit der Hand damals überhaupt bewältigt worden ist.

Im Jahr 1152 trat Burg Berwartstein in die belegbare Geschichte. Damals war sie eine Reichsburg, und Kaiser Friedrich Barbarossa schenkte sie dem Bischof Günther von Speyer. Der Bischof gab die Burg als Lehen an einen Ritter, der sich bald darauf von Berwartstein nannte. Um 1201 konnten die Berwartsteiner die Burg als Eigentum erwerben. Damit hatten sie einen fast unüberwindlichen Stützpunkt, von dem aus sie ihren Lebensunterhalt und noch viel mehr gewaltsam eintrieben. Die Untertanen leisteten Abgaben, aber außerdem überfielen die Berwartsteiner Handelsleute und drangen in benachbarte fremde Gebiete ein.

Das wurde in dieser Zeit durchaus nicht als unehrenwert angesehen und war in vielen Gebieten bei vielen Rittern üblich. Die Blütezeit des Raubrittertums kam mit der Zeit des Interregnums, als die starke Hand eines Kaisers fehlte. Zudem unterließen es in dieser Zeit viele Landesfürsten, gegen manche Raubritter vorzugehen, teils aus Einsicht in die eigene Ohnmacht, teils aus Berechnung, teils auch wegen ihrer offenen Freundschaft mit den Rechtsbrechern.

So mussten damals die Geschädigten zur Selbsthilfe greifen. Da es der Berwartsteiner zu schlimm trieb, verbündeten sich die besonders geschädigten Reichsstädte Straßburg und Hagenau und rüsteten zu Eroberung der Burg Berwartstein und zur Bestrafung ihres Herrn. Die Belagerung zog sich mehrere Wochen hin, bis es schließlich durch Verrat gelang, die Burg zu erobern und die Besatzung gefangen zu nehmen. Die Berwartsteiner mussten ein sehr hohes Lösegeld zahlen und verloren wahrscheinlich auch sonst noch viel. Ihre Verarmung zwang sie, die Burg 1343 zu verkaufen. Sie ging an die Brüder Ort und Ulrich von Weingarten, die sie bald darauf an die Abtei Weißenburg weiterveräußerten. Diese hatte sie 132 Jahre in ihrem Besitz. Die Abtei setzte Lehnsleute auf die Burg, die allerdings, im Gegensatz zur sonst allgemeinen Regelung, jederzeit abgesetzt werden konnten. Das hatte zur Auswirkung, dass die Verwaltung der Burg und des dazugehörigen Landes im allgemeinen entsprechend den Absichten der Abteil erfolgte. Das ging so lange gut, bis der Burgvogt Erhart Wyler Übergriffe auf benachbartes Gebiet unternahm und mit den Rittern von Drachenfels in Streit geriet. Das bot dem mit der Abtei Weißenburg nicht gerade harmonierenden pfälzischen Kurfürsten Friedrich I., dem Siegreichen, willkommenen Anlass zum Eingreifen, und er besetzte die Burg.

Er belehte 1485 seinen Heerführer Hans von Drodt mit der Burg, damit er den Besitz „auf Kosten von Weißenburg mehre“. Das tat Hans von Drodt um so lieber, als er mit dem Abt von Weißenburg verfeindet war. Zuerst aber rüstete er Berwartstein für alle Verteidigungsfälle mit allen denkbaren Wehrbauten aus, so dass die Burg für damalige Verhältnisse als völlig uneinnehmbar gelten konnte. In dieser Zeit entstand der Turm Kleinfrankreich als Vorwerk und Beobachtungsposten.

Nach der Sicherung der Burg begann Hans von Drodt, auch Hans Trapp genannt, einen Kleinkrieg gegen die Abtei Weißenburg; er nahm ihr nach und nach ganze Ortschaften ab. Natürlich beklagten sich die Weißenburger bei Kurfürst, Kaiser und Papst, allerdings ohne wirklichen Erfolg. Denn der Kurfürst mußte sich zwar öffentlich von Drodt distanzieren, blieb aber weiterhin sein Freund. Der Nachfolger des Kurfürsten Friedrich, Philip II., ebenfalls Drodts Freund, verkaufte ihm Berwartstein und Grafendahn mit allen Rechten.

Nun hatte Hans von Drodt noch mehr Möglichkeiten und war auch durch Reichsacht und Kirchenbann nicht zu bezähmen. So ließ er zum Beispiel die Wieslauter aufstauen, was Mühlen und Flößerei schädigte. Später zerstörte er dann den Damm wieder, so dass viel Land um Weißenburg überschwemmte und vernichtet wurde. Dann zog er mit 2000 Mann vor Weißenburg, verbrannte Dörfer und nahm viele Bewohner gefangen, die er erst gegen hohes Lösegeld freiließ. Obwohl Kaiser Maximilian I. ihn, zusammen mit dem französischen König, als Hauptfriedensbrecher bezeichnete, blieb er durch den Schutz des pfälzischen Kurfürsten unangetastet. Im Gegenteil, er wurde sogar als Botschafter an den französischen Königshof geschickt, wo er hohe Auszeichnungen erfuhr, wohl in der Erkenntnis, daß er als Unruhestifter und Schwächer der Reichsmacht der beste Verbündete sei.

Es ist die Zeit Kaiser Maximilian I., des letzten Ritters, es werden viele Vorteile der Ritter und kleinen Adligen in Frage gestellt und gehen schließlich verloren. Seit es Feuerwaffen gibt, sind Burgen und Rüstungen nur mehr halb so viel wert. In den Bauernkriegen um 1525 werden auch im Wasgau viele Burgen verbrannt und verwüstet; Berwartstein bleibt allerdings, wohl durch den Ruf der Uneinnehmbarkeit, verschont.

Auf die in männlicher Linie ausgestorbenen Drodt folgen die Ritter von Fleckenstein. Unter ihrer Herrschaft dürfte die Burg ruhige Zeiten erlebt haben, doch beinahe auch ihr Ende. Wahrscheinlich durch einen Blitzschlag gerät sie in Brand und wird weitgehend zerstört. Seit dieser Zeit ist Berwartstein in der Hand mehrerer Besitzer, die sie aber alle nicht aufbauen lassen: Bistum Speyer, die Freiherrn von Waldenburg, die Familie Dahn und verschiedene französische Familien. So vergällt die Burg immer mehr. In 250 Jahren kann der Zahn der Zeit viel zerstören. Erst durch Theodor von Bagiensky beginnt 1893 der Wiederaufbau, der auch die Burg bewohnbar macht. Der nächste Besitzer lässt sie durch Alfons Wadle aus Erlenbach verwalten, der sie später auch erwerben kann. Unter seiner Betreuung erreicht Berwartstein schon weitgehend das beeindruckende Aussehen von heute.

Doch zwischendurch bricht der Zweite Weltkrieg mit Bomben und Artilleriebeschuß über die neuerstandene Burg herein. Und noch einmal erweist sie sich als unbezwinglich, wie schon viele Jahrhunderte vorher: Sie bietet den Einwohnern von Erlenbach sicheren Schutz, das Dorf wird völlig zerstört.

Die Kasematten und Höhlengewölbe halten auch den damals modernsten Vernichtungsmethoden stand. Doch die Außenaufbauten der Burg werden fürchterlich in Mitleidenschaft gezogen und geraten in einen Zustand, der eine Renovierung aussichtslos erscheinen lässt.

Es ist das Verdienst Alfons von Wadles, die Burg wieder zu dem gemacht zu haben, was heute so viele Menschen erstaunt und begeistert, ein greifbares Stück unserer Geschichte. Heute kann die Burg besichtigt werden und wird das lebendige Bild einer früher unbezwingbaren Burg hinterlassen. Schon die Betrachtung des alten Burgzugangs an der Südostseite wird jeden stark beeindrucken. Senkrechte rote Felswände, die durchlöchert sind, bilden den früher einzigen Zugang, der nur durch hängende Treppen und Leitern zu begehen war. Immerhin erhebt sich der Burgfelsen bis 50 Meter hoch über den geneigten Boden der Erhebung . Noch höher als man zur Burg hinaussteigt, mussten sich die Erbauer des 104 Meter tiefen Brunnenschachtes in die Tiefe vorarbeiten.

Es ist unglaublich, wie lange der fallende Stein bis zum Aufprall in der Tiefe benötigt. Der Rittersaal mit vier Kreuzgewölben, heute ein Restaurant, besitzt eine Wand aus festem Fels und – welche ein Komfort für die damalige Zeit – einen in den Stein geschlagenen Aufzugsschacht, der Küche und Rittersaal verband. Die unterirdischen Gänge und Kasematten sind nicht gemauert, sonder aus dem Fels gehauen, eine Eigenheit, die nur selten auf Burgen zu sehen ist.

In der Rüstkammer sind alte Waffen und Steinkugeln, die von Steinschleudern verschossen wurden, zu sehen.

Neben der Rüstkammer ist noch die Folterkammer mit allerlei Geräten anzuschauen. Sehr interessant ist auch die alte Küche, die mit einer Fülle von Gerätschaften aus damaliger Zeit – Töpfe, Krüge, Kannen, Pfannen und vieles mehr – ausgestattet ist.

Zu den vielen Zeichen alter, längst vergangener Zeit kommt noch die stimmungsvolle Umschau, die man von der geräumigen Aussichtsterrasse genießen kann. Man überblickt einen schönen Teil der hügeligen und felsdurchsetzten Wasgaulandschaft.

So, dies war nun die erste Burg die wir Euch vorstellen wollten. Es werden derer noch viele folgen.

Für diesen Artikel möchte ich mich noch bei Frau Weber vom Fink-Kümmerly + Frey Verlag aus Ostfildern bedanken, die uns den Artikel freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat.

Post Scriptum: Interessant in diesem Zusammenhang dürfte auch unser Fernsehdreh 1999 auf der Burg Berwartstein sein, der dort für die Sendung „Tigerentenclub“ aufgezeichnet wurde.

Wegbeschreibung

Und zu guter Letzt noch eine Wegbeschreibung, gar welche Ihr benützen mögt, so Ihr die Burg Berwartstein einmal besuchen wollt.

(Derzeit noch in Vorbereitung…)